Wissenschaftlicher Fortschritt beruht auf Erkenntnissen über grundlegende Zusammenhänge in der Natur. Dieses Wissen wird durch Grundlagenforschung geschaffen. Sie ist somit die Voraussetzung für anwendungsbezogene Forschung und technische Innovation.
Die Grundlagenforschung hat das Ziel, Beziehungen zwischen Strukturen und Prozessen möglichst vollständig zu entschlüsseln. Die Biomedizin beschäftigt sich mit biologischen Abläufen und deren Bedeutung für medizinische Fragestellungen. Viele ihrer Bereiche verfolgen Ansätze, die zur Lösung praktischer Probleme führen soll. Grundlagen- und angewandte Forschung sind dabei eng miteinander verzahnt.
Wie behandele ich eine neuartige Erkrankung? Die angewandte Forschung sucht hier gezielt nach Substanzen, die einen bestimmten biochemischen Prozess beeinflussen können. Welches aber ist der Prozess, der zur Erkrankung führt? Die Beantwortung dieser Frage ist Aufgabe der Grundlagenforschung. Sie deckt die zugrundeliegenden Mechanismen auf, ohne dabei direkt auf eine Therapieanwendung zu zielen. An diesem Beispiel wird deutlich, warum beide Formen der Forschung gefördert werden müssen: Ohne ein grundlegendes Verständnis des biochemischen Prozesses ist es fast unmöglich, eine therapeutisch wirksame Substanz zu finden. Die Grundlagenforschung schafft also die Voraussetzung für alle nachfolgenden anwendungsorientierten Entwicklungen und technischen Innovationen.
Der Physiker und Nobelpreisträger Max Planck prägte den Satz: „Dem Anwenden muss das Erkennen vorausgehen“. Diese Aussage gilt nach wie vor für alle Wissenschaftsbereiche und folglich auch für die Hirnforschung. Das Denken ist eine der wichtigsten Funktionen unseres Gehirns. Die dafür notwendigen Mechanismen sind allerdings noch weitgehend unbekannt. Es ist daher nicht verwunderlich, dass wir Fehlfunktionen wie Psychosen bestenfalls symptomatisch behandeln, aber nicht ursächlich beheben können. Im Gegensatz zum Hirnforscher hat etwa ein Kardiologe viel bessere Voraussetzungen. Er kennt alle wichtigen Funktionen "seines" Organs und versteht ihre Abläufe. Bei Herzstörungen kann er so die notwendigen medizinischen Eingriffe ableiten und den Patienten vielversprechend behandeln.
Zwar gibt es auch in Teilgebieten der Nervenheilkunde heutzutage eindrucksvolle Fortschritte. Diese beruhen jedoch größtenteils auf Beobachtungen und weniger auf einem tiefen Verständnis unseres Denkorgans. Die Bedeutung von Dopamin zur Behandlung von Psychosen erkannte man beispielsweise nur durch „Versuch und Irrtum“-Experimente. Der therapeutische Nutzen von Dopamin für die Parkinsonsche Erkrankung hingegen wurde aufgrund systematischer Grundlagenforschung entdeckt.
Auch wenn es heutzutage in der Neurologie, der Nervenheilkunde, in manchen Teilgebieten eindrückliche Fortschritte gibt, beruhen diese zum großen Teil auf empirischen Erkenntnissen und weniger auf einem Grundverständnis des Denkorgans.
Um eine zielsichere Entwicklung neuer Therapiemöglichkeiten zu ermöglichen, brauchen wir biomedizinische Grundlagenforschung.