• Das Tierschutzgesetz
    Tierschutz- gesetz
    In Deutschland haben Tiere Rechte - Versuche mit ihnen werden strengstens kontrolliert
     
  • Begutachtung tierexperimenteller Forschung
    Begutachtung
    Erst nach mehrfacher Überprüfung eines Antrages, dürfen Tierversuche stattfinden
     
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Aufgaben der Tierschutzbeauftragten

Wo immer Tierversuche durchgeführt werden, wird ein Experte eingesetzt, der sich um die Belange des Tierschutzes kümmert. In Deutschland übernimmt der Tierschutzbeauftragte diese verantwortungsvolle Aufgabe. Wie stark seine Position ist, lässt sich daran erkennen, dass er in allen Fragen des Tierschutzes Weisungsbefugnis hat. Er handelt mit voller Unterstützung der Geschäftsführung.

Die Tierschutzbeauftragten beraten alle Wissenschaftler, die Tierversuche durchführen wollen. Dabei geht es nicht nur darum, welche Grundsätze an Max-Planck-Instituten gelten und welche Vorschriften zu beachten sind, sondern auch welche tierexperimentellen Methoden und Tierarten für den jeweiligen Versuch ausgesucht werden sollen.

Die Tierschutzbeauftragten sind desweiteren dafür verantwortlich, dass Versuchstiere aus vertrauenswürdigen Zuchteinrichtungen stammen und unter optimalen Bedingungen transportiert werden. Auch die Zusammenarbeit mit den Tierschutzbehörden fällt in ihre Zuständigkeit. So beantragen sie Haltungs- und (wenn nötig) Importgenehmigungen und stellen die Daten zusammen, die im Rahmen der amtlichen Versuchstier-Meldeverordnung abgegeben werden müssen. Der Tierschutzbeauftragte beurteilt auch die Tierversuchsanträge jedes Wissenschaftlers, bevor sie beim Regierungspräsidium eingereicht und von der beratenden §15-Kommission bearbeitet werden (siehe auch das Genehmigungsverfahren).

Die Durchführung von Tierexperimente muss stets auf der Basis der neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse und Methoden erfolgen. Auch hier sind die Tierschutzbeauftragten gefordert: Regelmäßig stellen sie Information zu aktuellen Entwicklungen bei Haltung und Pflege von Versuchstieren auf interne Webseiten. So sind die aktuellen Daten für alle Mitarbeiter sofort abrufbar.

Die Aufgabe von Tierschutzbeauftragten beeinhaltet auch eine regelmäßige Fortbildung. Dazu gehören die Teilnahme an Fachkongressen, der ständige Austausch mit Kollegen sowie die Mitarbeit in nationalen und internationalen Tierschutzkommissionen.

Kurz zusammengefasst - die Tierschutzbeauftragten stellen sicher, dass: 
  • Tierversuche auf ein Minimum beschränkt werden
  • jedem Tierversuch eine genaue interne und externe Prüfung vorausgeht
  • für jeden Versuch die am besten geeignete Tierart eingesetzt wird
  • neueste wissenschaftliche Erkenntnisse bei Haltung und Pflege berücksichtigt werden
  • alle externen Kooperationspartner sich denselben strengen Kontrollen unterziehen müssen
  • nur zweckgezüchtete Tiere zum Einsatz kommen.

zu Bündnis 90 / die Grünen

Auf der Landesdelegiertenkonferenz am 8./9. November 2014 in Tuttlingen haben sich die baden-württembergischen Grünen für die schnellere Überwindung invasiver Kognitionsexperimente an Makaken ausgesprochen. Lesen Sie hierzu unsere Position:


Stellungnahme der Tierschutzbeauftragten des MPI für biologische Kybernetik zum Beschluss von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Baden-Württemberg vom 8./9.11. 2014 zum Thema INVASIVE NEUROKOGNITIONSEXPERIMENTE AN MAKAKEN SCHNELLER ÜBERWINDEN

In den Punkten 2 – 4 dieses Beschlusses fühlen wir uns direkt angesprochen und möchten deshalb dazu Stellung nehmen:

Zu Punkt 2:Die ausgestrahlten Bilder zeigen deutlich, dass die sicherlich bestehenden Abbruchkriterien überschritten werden.“

Das ist ein schwerer Vorwurf, gegen den wir uns als verantwortliche Tierschutzbeauftragte nachdrücklich verwehren. Es ist nicht möglich, anhand von Momentaufnahmen diese Schlussfolgerung zu ziehen. Abbruch heißt zunächst einmal, ein Tier aus dem Versuchsprogramm zu nehmen. Dies wurde mit Stella sofort gemacht und war in dem Zustand, den die schockierenden Bilder zeigen, selbstverständlich bereits erfolgt. Abbruch heißt aber nicht, ein Tier ohne Sinn und Verstand zu töten, wenn es ihm gerade nicht gut geht. Das wäre genauso unethisch wie alles, was die SOKO Tierschutz den Wissenschaftlern Schreckliches vorwirft, und auch bei einem Haustier würde man sich das sehr genau überlegen. Um zu entscheiden, ob die Abbruchkriterien darüber hinaus ein sofortiges Einschläfern erforderlich machen oder ob man dem Tier medizinisch helfen kann, bedarf es nicht nur schockierender Bilder, sondern auch medizinischer Kenntnisse und Kenntnisse der Situation. Ein Tier kann sich z.B. – genau wie der Mensch auch – heftig übergeben, wenn es ein bestimmtes Antibiotikum nicht verträgt. In eindeutigen Fällen wird der Tierarzt das Tier sofort einschläfern. In fraglichen Fällen entscheiden Tierarzt, Tierschutz-beauftragte und Tierpfleger gemeinsam, ob ein Therapieversuch Sinn hat oder nicht. Völlig irreführend ist die Behauptung des Undercoveragenten, das Tier Stella sei noch stundenlang im Experiment zu Tode gequält worden. Die Abbruchkriterien schließen jedoch keineswegs aus, ein Tier, das getötet werden muß, unter Vollnarkose in ein sogenanntes Terminalexperiment zu nehmen, weil es dabei nicht mehr aufwacht, aber noch äußerst wertvolle Erkenntnisse liefern kann. Für das Tier macht es keinen Unterschied, ob es am Ende einer tiefen Narkose eingeschläfert wird oder sofort getötet wird. Es wäre unverantwortlich, in einem Forschungsinstitut diese Möglichkeit zur Datengewinnung an einem Tier, das davon nichts mehr mitbekommt, nicht zu nützen, schon allein im Sinne der 3R.
Ihre Forderung, dass Gutachten durch neutrale fachkundige Dritte erstellt werden sollen, ist unseres Erachtens durch die Ethikkommission bereits gut erfüllt. Wir wüssten nicht, was für Personen „neutraler und fachkundiger“ wären; es handelt sich dabei nach unserer Erfahrung zudem um wirklich für den Tierschutz engagierte Menschen. Auch die Neutralität und Fachkunde der zuständigen Behörden, die unser Institut streng und mit großem persönlichem Einsatz überprüfen, kann nicht angezweifelt werden. Wenn Sie die Neutralität der Tierschutzbeauftragten und Tierpfleger anzweifeln möchten, dann bitte auch die des Undercoveragenten, der natürlich verpflichtet war, der SOKO Tierschutz „zu liefern“. Er hätte nicht ein ganzes halbes Jahr benötigt, um sehr viel repräsentativere und keineswegs schockierende Bilder aus unserer Tierhaltung zu liefern. Leider aber ist eine Bericht-erstattung, die nur ein Ziel verfolgt, unbrauchbar, um einen der Realität entsprechenden Eindruck zu vermitteln.


Zu Punkt 3:Es muss sichergestellt werden, dass Komplikationen wie bei dem Tier Stella rascher erkannt und die erforderlichen Maßnahmen unverzüglich ergriffen werden.

An unserem Institut sind sowohl die diagnostischen Methoden als auch die personelle Besetzung, die notwendig sind, um Komplikationen frühzeitig zu erkennen, optimal. Unsere Tierpfleger kennen die Verhaltensweisen und Charaktere eines jeden Tieres genau und bemerken meistens sofort, wenn auch nur die kleinste Verhaltensauffälligkeit auftritt. Je nach Grad werden sofort der Tierarzt und evtl. die Tierschutzbeauftragten benachrichtigt, um die weitere Strategie zu besprechen. Die Schwierigkeit im Erkennen von Komplikationen beruht auf der Lebensweise von Makaken, welche Herdentiere sind, die instinktiv Schwächen verbergen. Diese Eigenschaft der Tiere führt dazu, dass, wenn sich Komplikationen im Verhalten der Tiere erkennen lassen, sie schon weit fortgeschritten sein können. Ein frühzeitiges Erkennen von Komplikationen ist selbstverständlich für die Wissenschafter selbst von höchstem Interesse und ist für die von Ihnen geforderten fachkundigen Personen der Kontrollbehörden keinesfalls leichter als für die fachkundigen Personen, die täglich mit den Tiere zu tun haben. Am Fall Stella waren nicht nur mehrere Tierärzte beteiligt, die sorgsam entschieden haben, welche Therapiemaßnahmen zu verschiedenen Zeitpunkten möglicherweise noch erlaubt hätten, das Tier zu retten, sondern das Geschehen wurde von allen Verantwortlichen engmaschig überwacht und mehrfach täglich die Entscheidung zum Abbruch gestellt. Wir würden doch auch einen schwerkranken Menschen nicht gleich aufgeben. Uns Wissenschaftlern geht es genauso nahe wie Ihnen, wenn es einem unserer Tiere schlecht geht, und wir prüfen mindestens ebenso genau, was ethisch vertretbar ist und was nicht.


Zu Punkt 4:für die Förderung computergestützter Verfahren (in-silico-Methoden) für die Erforschung von Gehirnfunktionen anstelle von invasiven Methoden an lebenden Tieren einzusetzen.

Die Verfasser behaupten hiermit, dass die ethische Abwägung nach § 7a Abs. 2 Nr. 2 TierSchG an unserem Institut nicht richtig getroffen wurde. Auch gegen diesen Vorwurf möchten wir uns nachdrücklich verwehren. Modelle sind nur so gut, wie das, was man in sie hineinsteckt. Wie kompliziert das ist, erkennt man am milliardenteuren Human Brain Project, das es sich zum Ziel gesetzt hat, genau diese Forderung umzusetzen. Die Ergebnisse dieses Projektes sind, wenn überhaupt machbar, erst in 10 Jahren zu erwarten und beruhen u. a. auf Forschungen, wie sie an unserem Institut gemacht werden. Nach Fertigstellung dieses Projektes wird es aber immernoch nicht möglich sein, pathologische Zustände des Gehirns hinreichend zu simulieren, weil die beteiligten Wissenschaftler die generelle Funktion des Gehirns in den Fokus gerückt haben. Wer behaupten sollte, wir brauchten keine weiteren Erkenntnisse zur Hirnfunktion, der begebe sich bitte in eine psychiatrische Klinik oder eine betreute Wohneinrichtung für psychotisch kranke Menschen. Wenn Sie die Not und Hoffnungslosigkeit dort erfahren hätten, würden Sie nicht solche irrealistischen Forderungen stellen.


Was den ersten Punkt betrifft, so sind auch wir dafür, eine absolute Obergrenze für die erlaubten Belastungen bei Tieren in Tierversuchen herauszuarbeiten. Wir wissen aber um die Schwierigkeiten der ethischen Abwägungen dabei, die nur von einem äußerst kompetenten Gremium durchgeführt werden können. Außerdem muss man sich dabei im Klaren sein, dass eine solche Obergrenze vor allem die Angewandte Forschung einschränken würde, denn in der Grundlagenforschung kann man sehr viel leichter sagen „bis hierher und nicht weiter“, als wenn es z.B. um die Erforschung von neuen Therapieverfahren und Medikamenten (z.B. gegen Ebola oder zur Schmerztherapie) geht. Ein solches Gremium muss also auch von schweren Krankheiten betroffene Angehörige beinhalten oder Ärzte, die mit solchen Krankheiten zu tun haben. Was die Forderung betrifft, „dass die Bundesregierung klarstellt, wie eine korrekte, umfassende Einschätzung der Belastung bei lang anhaltenden Tierversuchen erfolgen soll…“, so möchten wir zum Einen darauf hinweisen, dass auf dieser Ebene schon viel erfolgt ist. Es gibt mehrere umfassende Belastungskataloge, so auch den Anhang VIII der EU-Richtlinie 2010/63/EU, nach dem alle Tierversuche in Deutschland im Tierversuchsantrag eingeordnet werden müssen. Wir befürworten aber die von der Landesbeauftragten für Tierschutz erhobene Forderung, hierbei auch erhöhte Belastungen durch eventuelle Komplikationen mit zu bewerten. Zum Anderen sind wir aber davon überzeugt, dass eine umfassendere und vor allem wissenschaftlich fundierte Einschätzung der Belastungen von allen Tierversuchen stattfinden muss. Allerdings ist aus unserer Sicht eine Vorgabe der Methodik durch die Bundesregierung nicht realistisch. Zu erarbeiten und festzulegen, wie eine vernünftige und den Tieren gerecht werdende Einschätzung der Belastung stattfinden muss, kann nur durch mit der betreffenden Spezies sehr erfahrene, sachkompetente Personen erfolgen. Außerdem wollen wir betonen, dass ein direkter Nutzen für die Anwendung nur in der klinischen Forschung mit hoher Wahrscheinlichkeit einschätzbar ist, während in der Grundlagenforschung dieser auch von einem erfahrenem, sachkompetentem Gremium, nur bedingt vorhersagbar ist, weil die Auswirkung neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse vor allem von denjenigen abhängen, die diese Erkenntnisse später aufnehmen und darauf aufbauend weitere, ggf angewandte Forschung vornehmen. Wir möchten hier aber auch darauf hinweisen, dass ein Verzicht auf Grundlagenforschung an Tieren, insbesondere den nicht-humanen Primaten bedeuten würde, dass die biologischen Ursachen klinischer Probleme mit hirnorganisch verursachten kognitiven Störungen, wie sie bei den sogenannten Psychosen auftreten, dann auf geraume Zeit nicht lösbar sein werden. Da es aber weltweit in den biologisch-medizinischen Wissenschaften einen Konsens gibt, dass diese Probleme nur mit ausreichender Grundlagenforschung zu lösen sein werden, wird es nicht gelingen, diese Art der Forschung zu unterbinden, bis diese Probleme gelöst sind. Ein Verzicht auf diese Versuche in den wenigen, aber hochspezialisierten Zentren in Baden-Württemberg oder Deutschland würde das Problem nur verlagern und dieselben oder ähnliche Versuche würden andernorts, vermutlich unter technisch und tierschutzrechtlich sehr viel schlechteren Bedingungen durchgeführt werden. Das jedoch können und wollen wir nicht verantworten.

Wir hoffen und wünschen uns sehr, dass wir zum Thema Tierschutz der in wissenschaftlichen Versuchen eingesetzten Tiere einen sachlichen Diskurs werden führen können.


Tübingen, den 27.11.2014

die Tierschutzbeauftragten am Max-Planck-Institut für biologische Kybernetik

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Stellungnahme der Tierschutzbeauftragten des Max-Planck-Instituts für biologische Kybernetik zum Beschluss von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN BW