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Tiefe Hirnstimulation

Bei Parkinson Patienten sterben bestimmte Hirnzellen ab. Ein 'Hirnschrittmacher' aktiviert die betroffenen Areale und lindert dadurch die Symptome der Patienten.

Über 500.000 Europäer leiden an der Parkinson-Krankheit und diese Zahl nimmt mit der Veralterung der europäischen Gesellschaft ständig weiter zu. Zu den Symptomen gehören Zittern, Muskelsteifheit, Bewegungsverlangsamung und ein schlurfender Gang. Diese werden durch das Absterben von Hirnzellen hervorgerufen, die den Neurotransmitter Dopamin produzieren. Eine langfristige Heilung der Krankheit gibt es bis heute nicht.

Seit kurzem gibt es einen neuen Therapieansatz: Patienten mit besonders schwerer und behandlungsresistenter Parkinson-Krankheit kann ein "Hirnschrittmacher" eingesetzt werden. Die sogenannte Tiefe Hirnstimulation (deep brain stimulation, DBS) besteht aus einem elektronischen Implantat, das Impulse an die Nervenzellen in dem von der Krankheit betroffenen Gehirnbereich - dem Nukleus subthalamicus - abgibt. Dabei werden die gleichen Mikroelektroden benutzt, die täglich bei Tierversuchen zum Einsatz kommen. Dank der Forschung an Rhesusaffen konnte die Tiefe Hirnstimulation entwickelt werden. Bis heute hat sie das Leben von über 30 000 Parkinson-Patienten nachhaltig verbessert. Auch der an Parkinson leidende Mike Robbins zeigt (in englischer Sprache), wie sein Hirnschrittmacher seine Symptome lindert .

Die Technik der Tiefen Hirnstimulation wird konstant weiterentwickelt. Anfang 2009 wurde eine neue Behandlung angekündigt, die bei Nagern mit Parkinson-ähnlichen Symptomen zu einer deutlichen Verbesserung führt. Anstelle des Nukleus subthalamicus werden bei ihr die dorsalen Säulen des Rückenmarks stimuliert. Bevor die neue Technik jedoch an Menschen angewendet werden kann, planen Wissenschaftler sie erst einmal an Primaten zu testen. So ist sichergestellt, dass kein Patient zu Schaden kommt.

Mit der Tiefen Hirnstimulation lassen sich neben Parkinson auch therapieresistente Depressionen, Fettleibigkeit und Schizophrenie behandeln. Leider ist das Gesamtrisiko dieser Methode noch nicht zu vernachlässigen. Eine jüngere Studie belegt, dass 40 Prozent aller behandelten Patienten eine Vielzahl von ernstzunehmenden unerwünschten Nebenwirkungen erfahren. Dazu gehören häufig Infektionen der Operationsstelle, technische Komplikationen mit dem Gerät, psychiatrische Störungen oder solche, die das Nervensystem oder Herz betreffen.

Diese Probleme rühren teilweise daher, dass die Mikrostimulationsmethodik immer noch zwei grundlegende Herausforderungen zu überwinden hat:
(a) Es ist noch unklar, was stimuliert wird, wenn Strom durch das Gewebe geleitet wird.
(b) Elektrische Stimulation führt zu einer Aktivierung großer Areale auch außerhalb der Stimulationsstelle. Das macht es schwierig, die Wirkung des stimulierten Areals auf das Verhalten zu isolieren und evaluieren zu können.

Unsere Arbeitsgruppe konnte vor kurzem eine Mikrostimulationsmethodik für Experimente an narkotisierten und wachen Affen weiterentwickeln, bei denen zeitgleich mit der elektrischen Stimulation die Gehirnaktivität mittels funktionaler MRI kartiert wird. Dieser Ansatz wird nun in Zusammenarbeit mit der Universität Tübingen weiterentwickelt, um ihn eines Tages für die Tiefe Hirnstimulation an Menschen anwenden zu können.